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Was ist ein Assistenzhund

Thinking Dog

Was ist ein Assistenzhund

 

Mehr als nur ein Helfer auf vier Pfoten:
5 überraschende Fakten über Assistenzhunde

Wenn wir an einen Assistenzhund denken, haben die meisten von uns ein klares Bild vor Augen: ein Labrador oder Golden Retriever in einem Führgeschirr, der einen blinden Menschen sicher durch den Trubel der Stadt leitet. Dieses Bild ist richtig, aber es ist nur ein kleiner Ausschnitt aus einem viel größeren, faszinierenden Mosaik. Die Welt der Assistenzhunde ist weitaus vielfältiger, überraschender und emotional tiefgründiger, als man zunächst vermutet. Begleiten Sie uns, während wir fünf verbreitete Annahmen auf den Prüfstand stellen und eine Welt entdecken, die weit über den Hund im Führgeschirr hinausgeht.

Ein Hund, ein Mensch – Der entscheidende Unterschied zum Therapiehund

Der Kern eines Assistenzhundes liegt in seiner exklusiven Bindung an einen einzigen Menschen mit einer Behinderung. Per Definition ist ein Assistenzhund individuell für eine Person ausgebildet, um durch gezielt erlernte Fähigkeiten behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen und die selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Er ist ein ständiger Begleiter, ein Partner, dessen Fähigkeiten präzise auf die Bedürfnisse seines Menschen zugeschnitten sind.

Genau hier liegt der entscheidende Unterschied zum Therapiehund. Ein Therapiehund arbeitet immer im Team mit einer pädagogischen oder therapeutischen Fachkraft und entfaltet seine positive Wirkung auf viele verschiedene Menschen – in Schulen, Pflegeheimen oder therapeutischen Sitzungen. Der größte Unterschied ist also die feste „Ein Hund, ein Mensch“-Kombination und die damit verbundenen, gesetzlich verankerten Zugangsrechte, die ausschließlich das geprüfte Mensch-Assistenzhund-Team genießt.

Unsichtbare Hilfe – Wenn die Unterstützung tief unter die Haut geht

Nicht jede Behinderung ist auf den ersten Blick sichtbar. Genau hier setzen Hunde für Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen, sogenannte PSB-Hunde, an. Sie unterstützen Menschen mit „unsichtbaren“ Erkrankungen wie einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) oder starken sozialen Ängsten. Ihre Aufgaben sind subtil, aber lebensverändernd: Sie geben emotionale Unterstützung, vermitteln soziale Sicherheit und können trainiert werden, auf Kommando eine physische Distanz zu anderen Menschen zu schaffen, um ihrem Halter ein Gefühl von Sicherheit im öffentlichen Raum zu geben.

Die transformative Kraft dieser Partnerschaft wird in den kleinen, alltäglichen Siegen sichtbar, wie eine Trainerin eindrücklich berichtet. Sie erzählt von einer Klientin, die sich aufgrund ihrer Erkrankung nicht mehr traute, selbstständig einkaufen zu gehen. Dank der Begleitung und Sicherheit durch ihren Hund wurde diese Aufgabe wieder möglich:

„Und was soll ich jetzt noch machen?“, fragte sie kurz vor der Prüfung, weil ihr das normale Einkaufen gar nicht mehr so schwer gefallen ist. Das sind halt wirklich tolle Momente, die wir in unserem Job haben.

Der „magische“ sechste Sinn – Warnhunde und ihre geheimnisvollen Fähigkeiten

Stellen Sie sich vor, ein Hund könnte Sie vor einem medizinischen Notfall warnen, bevor Sie ihn selbst bemerken. Genau das tun Warn- und Anzeigehunde. Ein Warnhund für Diabetes kann eine drohende Unter- oder Überzuckerung anzeigen, andere Hunde warnen vor einem bevorstehenden epileptischen Anfall. Sie geben ihrem Menschen damit wertvolle Minuten, um sich in Sicherheit zu bringen, Medikamente zu nehmen oder Hilfe zu rufen.

Das Faszinierende daran: Bei einigen dieser Fähigkeiten weiß die Wissenschaft bis heute nicht genau, woran der Hund die Veränderung erkennt. Ist es ein kaum wahrnehmbarer Geruch, den der Körper absondert? Eine winzige Veränderung der Pupillen? Diese Fähigkeit wird im Fachjargon oft als die „magische Sparte“ des Assistenzhundewesens bezeichnet. Es ist ein beeindruckender Beweis für die feinen Sinne unserer Hunde und das tiefe Vertrauen innerhalb des Mensch-Hund-Teams.

Ein Team mit Rechten und Pflichten – Mehr als nur „gut erzogen“

So faszinierend und beinahe magisch diese Fähigkeiten auch anmuten, die Welt der Assistenzhunde ist keineswegs ungeregelt. Im Gegenteil: Sie hebt sich durch einen strengen rechtlichen Rahmen vom normalen Familienhund ab. Ein zertifizierter Assistenzhund ist weit mehr als nur ein besonders gut erzogener Begleiter. Hinter dem Titel steht ein hohes Maß an Training, eine offizielle Prüfung und eine gesetzliche Anerkennung. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Assistenzhundeverordnung (AHundV) regeln die hohen Anforderungen an die Ausbildung und die Prüfung des gesamten „Mensch-Assistenzhund-Teams“.

Der wichtigste Unterschied, der sich aus dieser Zertifizierung ergibt, sind die besonderen Zugangsrechte. Ein geprüfter Assistenzhund darf seinen Menschen an Orte begleiten, die für andere Hunde tabu sind – dazu gehören Supermärkte, Arztpraxen oder sogar Krankenhäuser. Diese Rechte sind untrennbar mit der Pflicht verbunden, einen extrem hohen Trainingsstandard zu halten, denn die Zuverlässigkeit des Hundes ist die Grundlage für die Sicherheit und Unabhängigkeit seines Menschen.

Ein exklusiver Club – Warum es in Deutschland so wenige Assistenzhunde gibt

Dieser hohe rechtliche und trainingstechnische Aufwand ist einer der Gründe, warum diese Teams, trotz ihres immensen Nutzens, überraschend selten sind. Angesichts ihrer beeindruckenden Fähigkeiten könnte man annehmen, dass Assistenzhunde in Deutschland weit verbreitet sind. Die Realität ist jedoch eine andere: Schätzungen zufolge gibt es nur etwa 3.000 Assistenzhunde im ganzen Land.

Die Verteilung innerhalb dieser kleinen Gruppe ist noch aufschlussreicher. Etwa 60 bis 70 % davon sind die bekannten Blindenführhunde, die unser Bild so stark prägen. PSB-Hunde machen hingegen nur rund 14 % aus, während die noch selteneren Warn- und Anzeigehunde oder Signalhunde (für hörgeschädigte Menschen) in der Öffentlichkeit kaum sichtbar sind. Diese Zahlen offenbaren eine bemerkenswerte Diskrepanz: Während das Bewusstsein für psychische Erkrankungen wächst, ist eine der wirksamsten Formen der Unterstützung noch immer eine Seltenheit.

Ein Bund fürs Leben

Wir haben gesehen, dass die wahre Arbeit eines Assistenzhundes oft im Unsichtbaren stattfindet, dass seine Fähigkeiten an Magie grenzen und dass hinter jedem Team ein streng regulierter, hochprofessioneller Bund steht. Die größte Überraschung ist jedoch vielleicht, wie wenige dieser lebensverändernden Partnerschaften es tatsächlich gibt. Die Welt der Assistenzhunde reicht weit über das Bild des Blindenführhundes hinaus und offenbart eine tiefe, persönliche Partnerschaft, die auf einem unglaublichen Vertrauen zwischen Mensch und Tier basiert. Es geht nicht nur um erlernte Aufgaben, sondern um eine Symbiose, die Grenzen überwindet. Was können wir von dieser tiefen Verbindung für unser eigenes Miteinander lernen?

Zum Nachhören:

Dieser Artikel wurde inspiriert durch den wertvollen Austausch im Podcast „ThinkingDog meets Fellhelden“. Die ganze Folge finden Sie hier: